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Journalisten bei der Arbeit (Bild: Arne Müseler / [CC BY-SA 3.0 de], via Wikimedia Commons |
In Deutschland werden Journalisten meistens on the job
ausgebildet. Nach einem beliebigen Studium geht man in ein Volontariat oder auf
eine Journalistenschule. Hier erklären verdiente Kollegen dem Nachwuchs, wie
man Journalismus macht. Oder besser – wie man ihn früher gemacht hat. Und das
ist das Problem: Die berufspraktische Ausbildung verstärkt bestehende Routinen.
Was aber in der digitalisierten Gesellschaft gebraucht wird, sind neue,
disruptive Ansätze. Auch und gerade im Journalismus.
Von der Erfahrung der Alten profitieren: So funktionieren
viele Bereiche der Gesellschaft: Erziehung, Religion, Philosophie, letztlich
auch Politik. Doch wir müssen zur Kenntnis nehmen: Die Weitergabe von
Erfahrungen (lessons learned) verfestigt bestehende Routinen. Das ist in Zeiten
des Umbruchs nicht hilfreich. Und die digital transformation ist eine
dauerhafte Umbruchphase, die noch über Jahrzehnte überraschende Entwicklungen
provozieren wird.
Das wissend, muss man in Frage stellen, ob die Weitergabe
individuell erworbener Erfahrung in der Ausbildung junger Journalisten sinnvoll
ist.
Journalismus ist essenziell für die Demokratie und journalistische
Methoden sind mittlerweile im Sinne von Content Marketing Strategien und
aktivem Reputationsmanagement ein wichtiger Teil, um die Kommunikation von
Organisationen mit ihren Stakeholdern umzusetzen.
Gleichzeitig orientiert sich
die journalistische Ausbildung in vielen Bereichen an Kriterien und Rezepten,
die in einem ökonomischen, sozialen und technischen Kontext entstanden sind,
der obsolet ist.
Die Journalistenausbildung muss sich
professionalisieren und dabei den Blick nach vorne richten. Dies gelingt nur,
wenn man Journalisten ähnlich wie Ingenieure oder Ärzte ausbildet, nämlich als
Anwendungswissenschaftler. Das bedeutet: Die Ausbildung basiert auf
Erkenntnissen von Basiswissenschaften. Sie vermittelt nicht nur den state of
the art, sondern zeigt auch Perspektiven, was morgen und übermorgen relevant
wird.
Journalistenausbildung sollte sich daran orientieren: Wissen
vermitteln, wie man Erkenntnisse aus Basiswissenschaften wie Linguistik,
Psychologie, Soziologie und Informatik praktisch anwenden kann und welche neuen
Möglichkeiten sich daraus ergeben. Die Ausbildung muss weg von den Verlagen und
den Rundfunkanstalten. Journalismus als angewandte Wissenschaft verändert die
Perspektive um 180 Grad: von retrospektiv zu prospektiv. Journalismus braucht
Disruption. Journalismus braucht die kreative Zerstörung. Kill your idols.
Dieser Text entstand im Januar 2016 als Vorüberlegung zu einem Artikel, den Björn Krass (aka Tim Thaler) und ich für einen wissenschaftlichen Sammelband verfasst haben.
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