Die Fähigkeit, Gewinn zu erzielen, ist letztlich eine Folge der kommunikativen Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Es verwundert daher, dass in Theorie und Praxis gleichermaßen die Rolle der Kommunikationsprozesse im Unternehmen wenig thematisiert werden.
Interne Unternehmenskommunikation wird traditionell als Aufgabe des Human Resource Management und der Public Relations interpretiert |
Beide Aspekte werden im betrieblichen Alltag eher als untergeordnet und nebensächlich verortet, während die big points bei Finanzierung, Absatz oder Technologie gemacht werden. Diese Sichtweise ist eine Folge der Erfahrungen aus der industriellen Revolution, die sich in der Ausbildung und der Arbeitsweise der handelnden Personen niederschlägt. Schaut man jedoch auf die aktuellen Herausforderungen der Wirtschaft, verschiebt sich der Fokus:
- Projektmanagement: Immer öfter scheitern Projekte und als zentraler Grund wird mangelhafte Kommunikation angeführt
- Innovationsfähigkeit: In Zeiten, in denen Grundbedürfnisse zumindest in den Industriegesellschaften als befriedigt einzuschätzen sind, kann neuer Bedarf nur durch neue Produkte erzeugt werden. Innovationen entstehen aber heute weniger durch Technologie, als durch kreatives (also kommunikativ erschlossenes) Re-Arrangement bestehender Technologien
- Change Management: Umweltfaktoren ändern sich immer schneller (Stichwort: digital transformation). Dies erfordert eine Beschleunigung des Wandels in den Unternehmen. Veränderungsprozesse aber sind zuallererst Kommunikationsprozesse.
- Employee Engagement: Je stärker Produktqualität und Kundenerlebnis durch die Mitarbeiter beeinflusst wird, desto wichtiger ist es, Engagement und Selbstverpflichtung der Belegschaft zu erhöhen.
- Knowledge Management: Das verborgene Wissen (tacit knowledge) innerhalb von Organisationen lässt sich ausschließlich kommunikativ heben.
- Leadership: Erfolgreiche Führung beruht auf der effektiven Beeinflussung der Untergebenen. Diese benötigt formale Macht aber noch viel mehr informelle Reputation, die ein Resultat der kommunikativen Fähigkeiten ist.
Dies gilt natürlich nicht für alle Branchen. In Landwirtschaft und Rohstoffförderung mag das anders aussehen. Aber in den Wirtschaftszweigen, die wesentlich die Wertschöpfung einer modernen Gesellschaft ausmachen, vermuten wir, dass sich als eine Begleiterscheinung der digital transformation die kommunikative Leistungsfähigkeit zum zentralen Erfolgsfaktor von Unternehmen entwickelt.
Dieser Umstand lässt sich makrotheoretisch recht einfach erklären: Gesellschaftliche Entwicklung ist nichts anderes als die Steigerung von Komplexität. Komplexität erhöht sich durch neue Kommunikationsfähigkeiten. Diese entstehen als Folge der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Medien, die als Katalysatoren von Kommunikation dienen. Erhöhte Komplexität der Umwelt bedingt eine höhere Komplexität im System: die Unternehmen selbst werden komplexer. Diese erhöhte Komplexität wiederum lässt sich nur kommunikativ bewältigen.
Unterschiedliche Arten von Systemen im Sinne von Beobachtungsrahmen |
Soziale Systeme kann man wiederum in verschiedene Typen unterscheiden. Luhmann schlägt dafür die Einteilung in Interaktionssysteme, Organisationssysteme und Funktionssysteme vor. In Unternehmen (wie auch in allen anderen Formen von Organisationen) treffen diese drei Typen sozialer Systeme zusammen: Mitarbeiter interagieren. Die Organisation entwickelt Verfahren, wie Entscheidungen festgelegt und ausgeführt werden. Und die Organisation legt fest, wie sie ihre Funktion für die Gesellschaft wahrnimmt.
In der internen Kommunikation müssen drei unterschiedliche Typen hinsichtlich ihres Systembezugs unterschieden werden: Interaktion, Organisation und gesellschaftliche Funktion |
- als Interaktion zwischen den Mitarbeitern,
- als Durchführung von Entscheidungen durch die Organisation an die Mitarbeiter und
- als Festlegung der Selbstbeschreibung des Systems in Bezug auf seine Umwelten.
In vier Feldern können Organisationen ausgestaltet werden. Dies gilt auch für die Instrumentalisierung der internen Kommunikation. |
- Durch Hierarchie legt das System fest, wie Entscheidungen getroffen werden. Hierarchie führt zu Delegation (Arbeitsteilung) und reduziert die interne Komplexität.
- Durch Kooperation legt das System fest, wie zusammengearbeitet wird (wie Entscheidungen umgesetzt werden). Kooperation führt zu Adaption (Anpassung) und steigert die interne Komplexität.
- Durch Stabilität legt das System fest, wie hoch die Redundanz innerhalb der Organisation ist und schafft dadurch Verlässlichkeit gegenüber der Umwelt (auch diskutiert als operational excellence bzw. Prozesssicherheit). Redundanz steigert die strukturelle Dichte.
- Durch Flexibilität legt das System fest, wie offen es auf geänderte Umweltbedingungen reagiert (Innovationsfähigkeit). Flexibilität führt zur Emergenz (plötzliches Entstehen neuer Strukturen) und senkt die strukturelle Dichte.
Auf der Ebene der Interaktion lassen sich dann in den Gestaltungsräumen z.B. Instrumente wie Meetings (Hierarchie), Verkaufspräsentationen (Kooperation), Verhandlungsführung (Stabilität) und Small Talk (Flexibilität) einordnen.
Beispielhafte Instrumente der internen Unternehmenskommunikation auf Ebene der Interaktion |
Beispielhafte Instrumente der internen Unternehmenskommunikation auf Ebene der Organisation |
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Es ist verwunderlich, wie wenig Fokus in der Ausbildung auf gerade die Instrumente der Interaktion gesetzt wird, sind sie es doch, die im betrieblichen Alltag darüber entscheiden, wie gut Mitarbeiter in die Leistungserstellung eingebunden werden. Eigentlich müsste das das Kernstück der betriebswirtschaftlichen Ausbildung sein. Ebenso erstaunlich ist, wie wenig Kommunikationsprofis innerhalb von Medienstudiengängen mit medialen Entwicklungen vertraut sind, die durch Technologie getrieben sind, wie die Erzeugung von Informationen aufgrund von big data applications (business intelligence, business analytics) oder die Verwendung von Notationsverfahren zur Beschreibung betrieblicher Abläufe (business process modeling).